Fliesenfachhandel

Kundenzufriedenheit rauf, Lagerbestand runter.
Einfach Vorteile im Fliesenfachhandel schaffen.

Ich behaupte, Menschen mögen es im Grunde genommen unkompliziert und übersichtlich. Das menschliche Gehirn zieht die Klarheit und Strukturierung der Überflutung und dem Chaos vor.

Dennoch ist genau das die Realität. Wir werden überflutet mit Reizen und Botschaften, die etwas bezwecken und unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen sollen. Ampeln, das Autoradio, Handys, Faxgeräte, die Tagespost und Werbung jeder Stilrichtung. Jeden Tag.

Da dies nun mal der Realität entspricht, haben wir natürlich Mechanismen entwickelt, um uns zu schützen. Wir filtern die Botschaften nach der Wichtigkeit, die sie für uns vermeintlich haben. Der Werbebranche ist natürlich der extrem hohe Streuverlust ihrer Botschaften bekannt. Dieser Streuverlust ist umso höher, umso mehr - allgemein formuliert - Informationen welcher Art auch immer uns erreichen sollen. Und eine rasant steigende Anzahl von Informationen ist unstrittig.

Welche Schlüsse lassen sich nun aus dieser Erkenntnis ziehen, wenn wir als Anbieter von Leistungen Kunden überzeugen möchten? Welche Überlegungen kann ein Fliesenfachhändler für sein Endverbrauchergeschäft konkret anstellen?

Der Fliesenfachhändler sollte seine Ausstellung entsprechend planen oder überarbeiten. Wenn ein Kunde die Ausstellung des Fliesenfachhändlers betritt, ist er auf der Suche nach einer Problemlösung. Er möchte Produkte finden, mit denen er z.B. sein Zuhause schöner gestalten kann. Oft haben Kunden nur eine wage Vorstellung von dem, was sie möchten. Sie wissen, was sie machen möchten (z.B. Bad renovieren), aber oft nicht wie und womit genau.

Ziel muss es also sein, dem Kunden seine Unsicherheit zu nehmen.

Da Fliesen zumindest für Endverbraucher keine Produkte des täglichen Bedarfs sind, besteht eine erhebliche Unsicherheit bezüglich der Qualität der Produkte. Die kann ein guter Verkaufsberater seinen Kunden in der Regel relativ leicht nehmen. Die letztendliche Design Entscheidung für oder gegen eine Fliese kann der Verkaufsberater jedoch nicht treffen, die muss der Kunde - und das ist sehr häufig die Ehefrau - treffen und vertreten. Vor sich selbst, vor den Freunden, der Schwiegermutter usw.

Abhängig von der Größe der Ausstellung und der Anzahl der gezeigten Produkte kann aus Sicht des Kunden die Übersichtlichkeit leiden und der Überblick verloren gehen. Wenn Kunden nach einer Weile mehrere Fliesen gesehen haben, die ihnen gefallen haben, wissen sie dennoch häufig schon nach der dritten als attraktiv bewerteten Fliesentafel nicht mehr, wie die erste ausgesehen hat. Sie wissen nur noch, dass „irgendwo da hinten doch auch noch eine nicht schlecht war".

Und jetzt ist die Schlussfolgerung eigentlich einfach. Eine zu große Auswahl kann eine Reizüberflutung für den Kunden darstellen genau dann, wenn er die Übersicht verliert und die Sicherheit nicht bekommt, in der Fülle der Möglichkeiten die optimale Auswahl für sich zu treffen. Einerseits nicht, weil das Angebot zu groß ist, um die optimale (Vor-) Auswahl überhaupt treffen zu können. Andererseits, wenn es zu viele ähnliche Produkte gibt und die Abgrenzung der Produkte voneinander scheitert. Die sichere Entscheidung für ein Produkt gelingt nicht. Schlimmstenfalls sind die Kunden hinterher zu überfordert, um eine Entscheidung überhaupt noch treffen zu können. Kunden möchten also aus einer Menge auswählen können und „ihr Produkt" finden, aber nicht überfordert werden.

Die Kunst besteht nun darin, das Angebot und die Ausstellung kritisch zu hinterfragen und zu versuchen, aus Sicht der Kunden eine Bewertung vorzunehmen.

Einige Punkte, über die man nachdenken sollte (immer aus Sicht der Kunden und nicht aus der Sicht der Verkaufsberater):

1)Ist die Orientierung in der Ausstellung leicht und einfach möglich? Kann der Überblick über das Angebot verloren gehen? Findet sich jemand zurecht, der zum ersten Mal da ist?
2)Ist die Ausstellung nach Lieferanten sortiert aufgebaut oder aber nach Themen sortiert, die den Kunden interessieren, wie z.B. Stilrichtungen, Farbwelten, Anwendungsmöglichkeiten, sonstigen?
3)War früher eine Ordnung da, die im Laufe der Zeit durcheinandergeraten ist. Dies kann „zufällig geschehen, wenn eine Fliesentafel gerade frei wird und eine neue Fliese auf den leeren Platz geklebt wird.
4)Gibt es evtl. sogar zu viele zu ähnliche Fliesen unterschiedlicher oder auch gleicher Lieferanten, die möglicherweise nicht nur ähnlich sondern sogar austauschbar sind? Ist aus Kundensicht die Differenzierung überhaupt noch möglich?
5)Könnte die Anzahl Gesamtfliesen reduziert und die Individualisierung noch stärker durch Bordüren und/ oder Dekorationen erfolgen? Ideal ist es, wenn sich die Bordüren und Dekorationen mit verschiedenen Grundfliesen kombinieren lassen.

Wer auf diese Weise sein Angebot überprüft, kann und wird die Reizüberflutung reduzieren, denen seine Kunden in der Ausstellung ausgesetzt sind. Dadurch wird die Unsicherheit der Kunden vermindert. Entscheidungen können leichter getroffen werden und die Zufriedenheit der Kunden darüber, auch die richtige Entscheidung getroffen zu haben, wird erheblich gesteigert. Gerade die Unsicherheiten nach dem Kauf werden so wesentlich geringer. Das wiederum ist für spätere Folgekäufe und Weiterempfehlungen besonders wichtig.

Gleichzeitig wird durch eine kundenorientierte Überarbeitung des Angebots in aller Regel und fast automatisch der Lagerbestand reduziert. Diese Vorteile bedürfen kaum einer weiteren Erläuterung.

Die Umsetzung kann durchaus problematisch werden. Wenn tiefgreifende Veränderungen in der Lieferantenstruktur und Optik der Ausstellung notwendig werden und dies von den Mitarbeitern nicht getragen wird, hat man ein Problem. Daher ist es von besonderer Bedeutung, die Mitarbeiter für die Umsetzung zu gewinnen und möglichst intensiv in den Prozess der Umsetzung einzubeziehen. Planung, Entscheidung und Richtung sind jedoch Chefsache.

Christian Netz